Wer in Garmisch oder Partenkirchen geboren ist, der wächst mit einer Beziehung zum Eishockey auf. Ob man dazu irgendwo mit anderen auf eine zugefrorene Fläche geht oder allein in der Hofeinfahrt mit dem Schläger einen Ball gegens Garagentor drischt. Vorbilder, an denen sich Kinder orientieren, sind zum Greifen nah, oft in der Familie.
Kein Wunder, dass sich Sebastian Ziener, Geschäftsführer des SC Riessersee, keine Gedanken über den Nachwuchs in seiner Sportart macht. Gerade wird der Traditionsverein 100 Jahre alt – und verfügt über ungebrochene Anziehungskraft in seiner Heimat. „Das ist für uns essenziell, denn die großen Sponsoren anderer Regionen – die haben wir hier nicht“, betont Ziener.
Vertrauen auf den Nachwuchs
Die erste Mannschaft, seit geraumer Zeit in der Oberliga Süd angesiedelt, ist bestens besetzt mit Talenten aus dem Werdenfelser Land. „Indem wir auf unseren eigenen Nachwuchs bauen, haben wir den Erfolg selbst in der Hand“, sagt Ziener. Spiele gegen die Konkurrenz aus Füssen, Landsberg, Rosenheim oder Bad Tölz haben stets Derby-Charakter. Das körperbetonte, schnelle Spiel auf dem Eis zieht sein Publikum in den Bann.
„Natürlich gibt es Qualitätsunterschiede, aber die Dynamik der Begegnungen, die Unvorhersehbarkeit der nächsten Sekunden, die heiße Bratwurst und die kalte Luft – diese einzigartige Atmosphäre lässt niemanden unberührt“ – weder die Eishockey-Fans aus Garmisch-Partenkirchen noch den Manager im Profisport.
Bei Eishockey-Fans in Garmisch-Partenkirchen und bundesweit beliebt
Anders als manche Wettbewerber hat sich Riessersee seinen Namen bewahrt. Der kam einst zustande, weil sich die Gründer des Eishockey-Clubs auf keine der beiden damals noch getrennten Gemeinden Garmisch und Partenkirchen als Heimat verständigen konnten. Also bediente man sich beim zuverlässig zugefrorenen Bergsee als Paten. Dass dieser Name noch immer über große Anziehungskraft bei einem kundigen Publikum verfügt, konnte er voriges Jahr bei den Play-offs feststellen. Dort trat das Team in Hamburg an.
„Von den 500 Fans, die uns dort massiv angefeuert haben, war fast die Hälfte nicht aus unserer Region angereist, sondern kam aus ganz Deutschland“, freut sich Ziener über die Treue der Sportfreunde, „die nicht nur unsere Schals und Trikots tragen, sondern deren Herz auch für den SCR schlägt“. Dabei ist eben zweitrangig, ob die Eishockey-Fans aus Garmisch-Partenkirchen sind oder nicht. Ihnen begegnet er während der Saison häufig auch im heimischen Stadion, wenn sie ihren Urlaub mit einem Spielbesuch verbinden. „Da heißt es dann meistens: Wintersport hier ist toll, aber gekommen sind wir, um euch live zu sehen.“
Respekt bei Kennern
Günter Klein zum Beispiel, einer der bekanntesten Eishockey-Journalisten Deutschlands, stellt mit Blick auf die Menschen aus der Region Garmisch-Partenkirchens fest: „Der Verein wird wohl nie mehr in der höchsten Liga auftauchen, weil das die Strukturen nicht hergeben. Doch er wird immer wieder einzelne Spieler nach oben bringen wie Maxi Kastner, Vizeweltmeister 2023. Und kein Verein wird je eine treuere Seele haben als der SCR mit seiner Geschäftsstellen-Instanz Paul Karl.“
Menschen, die den SCR auf und neben dem Eis geprägt haben, werden auch im Mittelpunkt stehen, wenn das 100-jährige Jubiläum auf seinen Höhepunkt zusteuert. Zwar will Sebastian Ziener noch nicht alle Pläne auf den Tisch legen. Zum Ausklang der Saison, Ende April 2024, dürfen sich die Fans auf ein „Legendspiel“ freuen. Viele von jenen, die ihre Kufen schleifen werden, haben zur glorreichen Geschichte des SCR beigetragen.