Sani Kneitinger: Eine junge Frau und die Berge | © Sani Kneitinger

Sani Kneitinger: Eine junge Frau und die Berge

Künstlerin Sani Kneitinger schafft in Garmisch-Partenkirchen einzigartige Werke. Denn wo könnte ihr Alpenimpressionismus und -expressionismus besser entstehen als hier?

Ein wilder Farbenwirbel, durchzogen von Symbolen und Worten – gekrönt von einem Gipfel. Oder ein Alpenpanorama, wildzackig, vor leuchtendem Himmelblau. Was Künstlerin Sani Kneitinger aus Garmisch-Partenkirchen auf Leinwand bannt, spricht mal Fans der fotorealistischen Kunst an, mal Freunde abstrakter Werke (hier geht’s zu ihrem Instagram- und Facebook-Kanal). Aber immer mit jeder Menge Leidenschaft – und die steckt an. „Berge habe ich eigentlich immer schon gemalt“, berichtet Sani Kneitinger. Ihr Opa, Alois Kneitinger, war ein erfolgreicher Konditor, ihre Oma, Aloisia Kneitinger, brachte ihr das Klavierspiel bei – Kreativität liegt einfach in der Familie. Dennoch kam die Enkelin über Umwege zu ihrem Künstlerinnenleben: Denn zuerst wurde sie Steuerfachangestellte und arbeitete einige Jahre in diesem Beruf.

Heute sind die Akten anderer für sie passé. Ihr Alltag besteht vor allem aus Alpenexpressionismus – in der Tradition eines Franz Marc oder einer Gabriele Münter. Und aus Alpenimpressionismus, auf den Spuren des Auguste Rodin oder Paul Cézanne. Als Vorbilder nennt Sani Kneitinger allerdings Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat: Beide überschritten Grenzen.

Gesellschaftskritik trifft Zukunftsfreude

Berge, findet Sani Kneitinger, eignen sich als Muse ebenso wie als Motiv. „Die schau ich mir ganz genau an“, betont sie, „die bewundere ich, finde sie majestätisch, beeindruckend, prominent. Auf einen Berg hoch – das ist nicht umsonst ein Sinnbild für Erfolg. Dann kommt man auf dem Gipfel an, hat Weitblick, genießt den Horizont. Alle störenden Gedanken verschwinden!“

Wer Sani Kneitinger erzählen hört, sie mit vollem Körpereinsatz bei der Arbeit sieht, wem ihre Werke entgegenleuchten, der kann sich kaum vorstellen, dass störende Gedanken überhaupt Platz haben. Aber was sie belastend findet, verarbeitet sie eben in ihrem Schaffen, indem sie Schweres in Schönes transformiert. Die Umweltverschmutzung, den Plastikkonsum unserer Zeit – dafür zu sensibilisieren, liegt ihr am Herzen. Für mehrere Installationen zog Sani Kneitinger mit gelben Säcken durch ihr Viertel und sammelte Müll. Der kam unter anderem in einer Installation im Rahmen der Ausstellung „Unser blauer Planet“ zum Einsatz, die bis März 2020 in der Galerie „skulptur pur“ in Garmisch-Partenkirchen zu sehen war. Daneben warb Sani Kneitingers riesiges Ölbild für ein Leben ohne Müll und weitere Klimaerwärmung: ein Eisbär, der sich mit Eiscreme kühlt, eine im Netz zappelnde Schildkröte … und im Hintergrund natürlich: Berge.

„Ich stand auf mehreren Beinen“

Umweltverschmutzung und die Alpen prägten auch die Arbeit, die die junge Künstlerin vor wenigen Jahren international bekannt machte: das Bodypainting. 2018 wurde sie mit ihrer Präsentation „Greenart“ Vizeweltmeisterin bei der Bodypainting-Weltmeisterschaft in Klagenfurt. 2.500 Mitbewerber ließ sie mit ihren schwarz-weiß bemalten Models, die tanzten und dabei Verpackungsmüll um sich verstreuten, hinter sich. Das Ende der Darbietung bot allerdings ein Happy End, der Müll landete in der grünen Tonne.

Schon Sani Kneitingers erste Bodypainting-WM 2015 wurde zum vollen Erfolg, sie belegte den dritten Platz. Damals war sie noch Steuerfachangestellte in Teilzeit, malte nebenher. Nach der WM setzte sie alles auf eine Karte und wurde freie Künstlerin mit Businessplan, Haut und Haaren.

Von der Zukunft erwartet sie sich viel Gutes, sagt sie fest: „Alle sprechen von Corona-Krise, aber es ist auch eine Chance!“ Für sie selbst erwies sich als Glück, schon immer mehrere Standbeine gehabt zu haben: Neben Bodypainting für Privatpersonen – verliebte Paare, Hochschwangere – und für Ausstellungen schuf sie Bilder, Grafiken und Installationen. Auch von den Medien kamen Aufträge, so bemalte sie beispielsweise für den Trailer zu einer Dating-Show auf Pro7 die Lippen der Fotomodelle. „Beim Bodypainting malte ich übrigens auch ganz oft Berge“, erinnert sich die Garmisch-Partenkirchnerin und lacht. Dennoch fand sie es 2019 an der Zeit, die Weichen neu zu stellen: Sie wechselte vom Medium Haut vorwiegend zur Leinwand sowie vom Malen tagsüber zur Kunst abends und nachts.

Sani Kneitinger und die New Art Salon Foundation

Tagsüber viel draußen sein, sich in der Bergwelt bewegen, Eindrücke einsaugen, sie danach festzuhalten, wie in einem Tagebuch, nur eben mit Bildern: So liebt Sani Kneitinger ihr Berufsleben. Seit Dezember 2019 leitet sie ihre eigene Galerie in der Bahnhofstraße 21 in Garmisch-Partenkirchen. Von 26. Juni bis 15. August sind ihre Bilder dort in der New Art Salon Foundation in einer Einzelausstellung zu sehen. „Candy Mountains“ heißt die Ausstellung, mit der der New Art Salon seine Neueröffnung feiert. „In Garmisch-Partenkirchen soll mehr mit Kunst passieren“, sagt Sani Kneitinger. Deshalb gründete sie die New Art Salon Foundation, mit der sie einen Ort für zeitgenössische Kunst schaffen möchte. „Hier werden in Zukunft Ausstellungen mit Künstlern aus der Region und aus allen Teilen der Welt realisiert. Ich möchte uns eine Plattform geben, die für alle Interessierten leicht zugänglich ist. Und wo könnte das besser passen, als am Fuße der Berge rund um Garmisch-Partenkirchen?“

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