Nachtwächter-Rundgang durch Partenkirchen

In Partenkirchen waren Nachtwächter ehrenwerte Bürger. Auch heute kann man auf ihren Spuren durch den Ortsteil wandern: Bei einem Rundgang mit der Nachtwächtertochter Anna wird die Vergangenheit lebendig.

Der Mond steht hoch über dem historischen Ortskern von Partenkirchen. Die Gassen sind dunkel, eine streunende Katze huscht über den Platz. Da schlägt die Kirchturmuhr neunmal und Anna tritt aus dem Schatten hervor. „Hört ihr Leut‘ und lasst euch sagen, unsre Glock‘ hat neun geschlagen“, verkündet sie. Die Laterne erleuchtet dabei ihr Gesicht, erhellt ihren Weg, vertreibt lichtscheue Gestalten. Anna ist Nachtwächterin in Partenkirchen, damals, anno 1868, hat sie das Amt von ihrem Vater übernommen.

Ein Ausflug in die Vergangenheit mit dem Nachtwächter in Partenkirchen

Anna heißt eigentlich Marie-Luise Bergler. Für ihren Rundgang schlüpft sie in einen traditionellen Lodenumhang und in die Rolle der Anna. Wie es für Nachtwächter in Partenkirchen üblich war, trägt sie die typische Laterne, ein Horn und die Hellebarde, also eine mittelalterliche Stangenwaffe. Gemeinsam mit ihren Gästen zieht sie dann als Nachtwächterin Anna durch die Straßen von Partenkirchen. „Ich beziehe immer aktiv die Leute mit ein. Manchmal findet sich sogar ein kleiner Helfer, der stolz die Laterne trägt“, erzählt Marie-Luise Bergler. Die kleinen finsteren Gassen schaffen eine mystische Atmosphäre und lassen Sagen lebendig werden. Die Zuschauer hängen gebannt an den Lippen der Erzählerin. Sie mache das aus Liebe zu ihrer Heimat, berichtet Marie-Luise Bergler. „Wer in dieser Gegend aufwächst, der wird mit Tradition groß. Es ist die Verbundenheit zur Heimatgeschichte und lebendiges Brauchtum. Der Charme hier bei uns verzaubert einfach und das war schon immer so.“

Sie warnen auch vor Naturkatastrophen

Der Nachtwächter in Partenkirchen sorgte in den Gassen für Sicherheit. Anna macht es ihm heute gleich: Bei der Galeristin schaut sie, ob die müde Frau bei brennender Kerze eingeschlafen ist. Außerdem warnte der Nachtwächter vor Umweltkatastrophen. "Damals hatten die Menschen am meisten Angst vor Naturgewalten. Die Nachtwächter gaben den Leuten ein Gefühl der Sicherheit“, erklärt Bergler. Aber natürlich hörten die Nachtwächter auch viel, vom Getuschel auf den Straßen. Das verdeutlicht die nächste Einlage in Annas Nachtwächterrundgang: Eine schluchzende Frau sitzt vor dem Haus. Sie wurde von ihrem Mann verlassen. „Mei Madl, sei froh. Morgen gehst‘ in die Kirche und zündest eine Kerze für die Heilige Anna an, als Dank dafür, dass du den Hallodri los bist.“ Die Verlassene bedankt sich und bittet: „Aber Anna, sagst nix weiter, ge?“ „Aber natürlich nicht. Als Nachtwächterin sehe und höre ich zwar viel. Aber drüber reden, das tue ich nicht“, bestätigt sie ihre Verschwiegenheit.

Nachtwächter in Partenkirchen – eine angesehene Aufgabe

In vielen Gegenden galt der Beruf des Nachtwächters als ein unehrlicher. Aber hier in Partenkirchen durften nur Bürger von unbescholtenem Ruf den nächtlichen Wachdienst ausüben. Ein mancher hat sogar seinen Beruf stolz am Haus präsentiert: Bis heute gibt es Hausnamen wie „Die Nachtwachterer“ samt geschnitzter Figur an der Hauswand. Auch Nachfahren der originalen Nachtwächter leben noch im Ort. Marie-Luise Bergler hingegen ist nicht mit ihrer Anna verwandt. „Ich interessiere mich sehr für die Geschichte meiner Heimat und lese viel darüber. Dabei bin ich immer wieder auf Nachtwächter und dann eben auch die Anna gestoßen. So kam mir die Idee, mit Rundgängen die Geschichte für unsere Besucher lebendig zu machen“, schildert Bergler.

Wöchentliche Nachwächterrundgänge zum mitmachen

Jeden Samstag ist es so weit: Man trifft sich in der Ludwigstraße 73 innerhalb des Arkadengangs und zieht mit Anna durch die Straßen. Im Sommer geht‘s um 21:00 Uhr, im Winter um 20:00 Uhr los. Nach etwa einer Stunde ist die Gruppe an ihrem Ziel angekommen. Dann verabschiedet sich die Nachtwächterin Anna mit den Worten „Kommt gut nach Haus und fühlt euch geborgen. Und schlaft die Liebe lange Nacht, denn ich halt getreulich Wacht“ und verschwindet in den dunklen Gassen.

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