Was blüht und duftet denn da? Um 10:30 Uhr am Samstagvormittag steht ein buntes Grüppchen auf einer Wiese in Garmisch-Partenkirchen – voller Neugier und bereit zum Wandern. Dabei zerreiben sie etwas Grünes zwischen ihren Fingern, riechen vorsichtig daran. Dann ein Nicken: Ja, diesen Geruch kennen sie. „Das ist der gewöhnliche Dost, unser wilder Oregano“, erklärt eine blonde Frau in Karohemd.
Lisa Strakeljahn, genannt Lisl, bezeichnet sich selbst gern als Kräuterhexe. Den ganzen Sommer über begleitet sie Gäste bei Kräuterwanderungen rund um Garmisch-Partenkirchen. Hier können sie mit allen Sinnen die Welt der heimischen Pflanzen erkunden. Der Oregano etwa betört nicht nur die Nase: „Spürt mal: Die Blätter sind ganz weich und flaumig behaart“, animiert Lisl ihre Gäste. „Und schaut euch die Blüten genauer an! Innen haben sie eine hellrosa Farbe, und die Kelchblätter außen sind fast schon dunkelrot.“
Wie Lisl zu den Kräutern kam
Die Kräuter und Blumen rund um Garmisch-Partenkirchen gehören für Lisl seit frühester Kindheit zum Leben: „Ich bin direkt am Waldrand aufgewachsen und war schon als Kind gerne draußen in der Natur.” Das Interesse wuchs immer mehr. Als sie zum 30. Geburtstag eine Kräuterwanderung geschenkt bekam, war es um Lisl geschehen: „Ich war total begeistert: Das sind ja nicht nur wunderschöne blühende Wiesen vor unserer Haustür, sondern auch Pflanzen, die Menschen verwenden und essen können.“
Lisl entschied sich für eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin an der Gundermannschule in Bad Heilbrunn, die im Rahmen der UNESCO-Kampagne „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) zertifiziert ist. Im Winter arbeitet sie im Büro der Skischule Garmisch-Partenkirchen. In den Sommermonaten hingegen kann sie sich bis auf einen Tag voll und ganz dem Wandern und Kräutersuchen in Garmisch-Partenkirchen widmen.
Die Vielfalt der Natur beim Wandern in Garmisch-Partenkirchen erleben
Seit sechs Jahren führt Lisl nun Gäste und Einheimische in die Pflanzenwelt der Zugspitz Region. Bei den Kräuterwanderungen geht es meist vom Floriansbrunnen in Partenkirchen hinauf zur Tannenhütte am Wank. Etwa zwei Stunden wandern die Gäste gemütlich bergauf durch die Wälder und Wiesen Garmisch-Partenkirchens. Dabei präsentiert Lisl ihnen immer wieder ein neues Schätzchen: glitzernde Tropfen im Blatt des Frauenmantels zum Beispiel, oder eine Hummel auf der Löwenzahnblüte. „Mir geht es nicht darum, auf einer Tour 50 Pflanzen zu erklären“, betont die Kräuterpädagogin. „Das kann sich kein Mensch merken. Viel wichtiger sind mir die Rückbesinnung auf die Natur und die Entschleunigung.“
Nebenbei vermittelt die Kräuterpädagogin den achtsamen Umgang mit der Natur. Von Ostern bis Oktober ist nämlich Hegezeit. Dann darf man auf den Wiesen Garmisch-Partenkirchens zum Schutz der Tiere und Pflanzen nicht wandern, wie sie erklärt: „Ich möchte nicht dazu animieren, dass jeder wahllos auf Wiesen rennt und alles Mögliche abreißt. Vor allem mag ich den Leuten mitgeben, dass man die Natur achtet.“
Wissenswertes über Kräuter lernen
Am Ende der sinnlichen Erkundung steht bei jedem Kräutlein natürlich der Geschmack. Immer wieder staunen die Gäste, wie viele Pflanzen man tatsächlich in der Küche verwenden kann. Dazu gehört zum Beispiel Schafgarbe, Gundermann oder die Brennnessel. Im Mittelalter allerdings war letztere für Kirchenleute tabu, wie Lisl erzählt: „Die Pflanze galt als Mittel, um die Liebesfähigkeit zu steigern – quasi das grüne Viagra des Mittelalters. Es heißt, dass sie deswegen für Mönche verboten war.“
Natürlich liefert Lisl auch jede Menge praktische Tipps für zu Hause. Etwa wie man eine Spitzwegerichsalbe zubereitet oder mit bunten Blüten Cracker backt.
Wandern in Garmisch-Partenkirchen als Junggesellinnenabschied oder Firmenevent
Abgesehen vom normalen Wandern organisiert Lisl noch weitere Gruppenveranstaltungen in Garmisch-Partenkirchen. Bei Firmenevents gibt’s die Kräuterwanderung je nach Wunsch inklusive Herstellung von Kräuterschnaps, Einkehr in einer Hütte oder Essen im Restaurant. Der Mädelstag wendet sich ausschließlich an Frauen, etwa für Geburtstage oder als Auszeit. „Da beschäftigen wir uns vor allem mit Kräutern, die Frauen gesundheitlich guttun“, erklärt Lisl. „Zum Beispiel kann der Frauenmantel bei Zyklusproblemen unterstützen. Er wirkt entzündungshemmend und krampflindernd.“
Lisls Lieblingsevent sind jedoch die Junggesellinnenabschiede: Statt mit Bier und Bauchladen durch die Stadt zu ziehen, wandern die Braut und ihre Freundinnen in den Bergen rund um Garmisch-Partenkirchen und sammeln frische Kräuter und Blumen. Daraus binden sie Haarkränze und setzen für die Braut einen Hochzeitsschnaps oder Frauentee an. Alternativ wird ein Räucherbündel gebastelt, das bei der Hochzeit abgebrannt wird – das bringt Glück in der Liebe. Für die Hochzeitsnacht hat Lisl ebenfalls einen Tipp parat: „Wenn man sich ein Sträußchen Schafgarbe übers Bett hängt, soll das die Liebe für zwei Jahre frisch halten. Danach kann man es wieder austauschen. Aber bitte das Sträußchen – und nicht den Mann.“