Grainaus Hexen: Klänge aus der Vergangenheit

Die Einheimischen halten die spannende Historie des Zugspitzdorfs Grainau lebendig. Von der Themenwanderung „Sagen, Hexen und Wilderei“ über Räucherworkshops bis hin zum Klöpflesingen: Traditionen und Bräuche vermitteln Halt und Sicherheit.

Von 1589 bis 1591 durchlebte die Grafschaft Werdenfels ein dunkles Kapitel: Die Verbrennung von 50 Hexen und einem Hexer in Grainau. Zu dieser Zeit war alles noch anders als heute: Pestepidemien, Krankheiten, Naturkatastrophen und Ernteeinbußen bestimmten das Leben der Menschen. Gerade um 1589 herum standen für die Bauern Notzeiten an, so wie für den Eibseefischer Hans Ostler: „Die Schuld für Katastrophen wurde damals oft bei anderen gesucht. Ostler, aufgehetzt vom ‚Hexenkenner‘ Mang Resenberger, bezichtigte Ursula Klöck als Hexe, da seine Kühe krank waren“, erzählt der ehemalige Grainauer Volksschullehrer Josef Bader, in dessen Stammbaum sich fünf verbrannte „Hexen“ befinden.

Als Ostler sich seiner Sache sicher war, informierte er Caspar Poißl von Atzenzell, der seit 1583 neuer Pfleger der Grafschaft Werdenfels war. Er ließ Klöck verhaften und dem Scharfrichter Jörg Abriel aus Schongau vorführen. „So nahmen die Hexenprozesse im Werdenfelser Land ihren Lauf. Hexen wurden so lange peinlich verhört, bis sie ihre Schuld zugaben und vor allem andere Menschen bezichtigten. Dadurch erhöhte sich die Zahl der ‚Hexen‘ sprunghaft“, erzählt Bader. „Anfangs wurden die Außenseiter beschuldigt, später war auch in fast jeder besser gestellten Familie Grainaus eine ‚Hexe ‘ zu finden. Das war der Zeitpunkt, an dem ein Umdenken stattfand. Nach eineinhalb Jahren war der Spuk schließlich vorbei“, ergänzt er.

Auf den Spuren der Hexen-Vergangenheit Grainaus

Josef Bader führt in Grainau die Themenwanderung „Sagen, Hexen und Wilderei“ durch, bei der er Geschichten wie die obige erzählt. „Ich möchte die Menschen für die damaligen Lebensumstände sensibilisieren. Praktisch alle Einheimischen Grainaus im Ort haben so wie ich ‚Hexen‘ in ihrem Stammbaum“, sagt Bader. Die Themenwanderung beginnt bei gutem Wetter am Grainauer Kurhaus, führt über den Höhenrain und entlang des Krepbachs wieder zurück. Gelegentlich geht es auch zum idyllischen Badersee. Zwischen drei und fünf Kilometer legen die Teilnehmer innerhalb von zwei Stunden zurück.

Neben den Hexenprozessen stehen bei der faszinierenden Wanderung auch Sagen wie etwa die Lechtlsage in Grainau sowie die Wilderei im Fokus, mit der sich Bader bestens auskennt. So hat er zwei Bücher und ein gleichnamiges Theaterstück zum Thema mit dem Titel „Waldbrüder“ geschrieben. 2004 und 2019 fand die Aufführung des Stücks im Musikpavillon Grainau statt. Mehr als 700 aktenkundige Wilderer und 62 Tote in Werdenfels und Umgebung finden sich in seinem Archiv. Bei der unerlaubten Jagd kamen nicht nur Tiere, sondern auch Menschen zu Schaden.

Bader hat seine Hexen-Vergangenheit auch in seinem Roman und im Theaterstück „Magdalena“ wieder lebendig gemacht, wo es 2016 es vier Aufführungen im Musikpavillon Grainau gab. „Die Handlung ist weitestgehend fiktiv, aber bedient sich an wahren Fakten. Mir lag das Verhörprotokoll meiner Urahnin Magdalena Klöck vor. Sie bildete als Antagonistin die Grundlage für das Theaterstück“, erklärt er. Rund 30 Darsteller aus der Waldbühne Grainau und von den Werdenfelser Landsknechten ließen die Erinnerung an das schlimme Kapitel in der Geschichte des Landes vor rund 2.000 Besuchern wiederaufleben.

Suchen

Detailsuche